Es war wohl das beste Geschenk zum Kindertag – in Polen hat am Sonntag der Abtreibungsgegner Karol Nawrocki das überaus knappe Rennen um die Präsidentschaftswahl gewonnen. Es scheiterte der liberale Kandidat der Regierungspartei Bürgerkoalition (KO), der in seiner Rede nach Veröffentlichung der Ergebnisse nach dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen ankündigte, dass er die Abtreibung legalisieren werde: „Am ersten Tag nach meinem Sieg werde ich mich an die harte Arbeit machen und ich garantiere Euch ein Gesetz, das dieses mittelalterliche Anti-Abtreibungsgesetz abschaffen wird!“
Das waren dramatische Minuten und Stunden für die Polen. Die ersten Hochrechnungen nach Schließung der Wahllokale um 21 Uhr zeigten ein Ergebnis von 50,7 % zu 49,3 % zu Gunsten des liberalen Präsidentschaftskandidaten Trzsaskowski. Bereits vor den Wahlen wurde ein sehr knappes Ergebnis vorausgesagt. Trzaskowski lag im ersten Wahlgang mit 31,36 % knapp vor Karol Nawrocki (29,54%). Da keiner der 13 Kandidaten im ersten Wahlgang die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen konnte, musste am Sonntag eine Stichwahl für die endgültige Entscheidung zwischen den beiden erstplatzierten Kandidaten erfolgen. Die anfängliche Euphorie im Regierungslager legte sich nach rund zwei Stunden, als die ersten offiziellen Ergebnisse einflossen, die zu Gunsten von Nawrocki ausfielen. Letztendlich wurde am Montagmorgen das endgültig Ergebnis mitgeteilt – der rechtskonservative Bürgerkandidat Karol Nawrocki, der von der größten Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) unterstützt wurde, hat mit einem Ergebnis von 50,89 % zu 49,11 % sehr knapp die Mehrheit der Stimmen auf sich vereint und ist damit neues Staatsoberhaupt Polens. Dabei wurde mit einer Wahlbeteiligung von 71,63 % ein neuer Rekord in den Präsidentschaftswahlen aufgestellt.
Der gesamte Wahlkampf war von vielen Kontroversen begleitet – zunächst wurden der größten Oppositionspartei PiS alle Mittel zur Finanzierung des Wahlkampfes gestrichen. Dieser Zug wurde von der Oppositionspartei als Schande und Versuch bezeichnet, die stärkste Oppositionspartei zu eliminieren. Damit ist der Sieg des Kandidaten, der für die Finanzierung seiner Wahlkampagne keine öffentliche Finanzierung erhielt und ausschließlich auf Spenden aufbauen musste, besonders sensationell und zeigt die enorme Mobilisierung der hinter ihm stehenden Wählerschaft. Immer wieder tauchten auch neue Informationen über den neuen, bisher in der Politik unbekannten Präsidentschaftskandidaten, über seine Vergangenheit und angeblichen Verbindungen zur Welt der Gangster und Neonazis auf, die jedoch nur auf Anschuldigungen und auf keinerlei Beweisen beruhten. Die Oppositionspartei hingegen warf der Regierungspartei in dem Wahlkampf eine illegale Verwendung von Mitteln vor – in einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten Kampagne, die ausschließlich und objektiv für die Teilnahme an den Wahlen werben sollte, wurden Spots gezeigt, die die Wähler des rechten Flügels ins Lächerliche zogen.
Trotz all dieser Widrigkeiten gelang es Nawrocki, die rechte Wählerschaft zu vereinen. Das ist eine großartige Nachricht für die gesamte Pro-Life-Bewegung, denn Nawrocki sprach sich mehrere Mal für das Leben vom Anfang bis zum natürlichen Tod aus, während sein Gegenkandidat im Wahlkampf die Lockerung des stark am Kindeswohl orientierten Abtreibungsrechts versprach. Darüber hinaus zeigte sich Nawrocki auch als Gegner der LGBT-Ideologie und kündigte eine familienorientierte Politik an. In seinem Wahlkampf sprach er v.a. von der Sicherheitspolitik. Er unterschrieb auch eine Deklaration, als Präsident in Einklang mit katholischen Werten zu handeln. Nawrocki ist Gegner des Europäischen Grünen Deals, der Einführung des Euro und des Migrationspaktes.
Karol Tadeusz Nawrocki wuchs in einer einfachen Familie in einem Stadtteil von Danzig auf. Er interessierte sich immer für Geschichte und trainierte Boxen. Er schloss ein Studium und eine Promotion in Geschichte ab und stieg im Laufe der Jahre vom einfachen öffentlichen Bediensteten bis zum Präsidenten des Instituts für Nationales Gedenken auf. Er ist verheiratet, hat drei Kinder. Seinen ältesten Sohn Daniel, den seine Ehefrau Marta in die Ehe mitbrachte, hat er adoptiert. Er ist praktizierender Katholik. Das Präsidentschaftsamt wird er voraussichtlich am 6. August dieses Jahres antreten.